Wie in meinem vorletzten Beitrag hier schon angesprochen, wollte ich dem Thema Randschärfe noch etwas mehr auf den Grund gehen. Anlass war eins meiner Fotos im Hochformat, bei dem die Mitte sehr schön scharf war aber der Rand (also oben) eine deutliche Unschärfe aufwies. Andere Fotos tendierten ebenfalls dazu. Zunächst befürchtete ich eine Dezentrierung, die nur im Hochformat auftritt, aber dies konnte ich nicht exakt beweisen bzw. reproduzieren. Folglich hatte ich die Bildfeldwölbung im Verdacht, was die richtige Fährte sein dürfte. Durch weiteres Probieren habe ich nun etwas Gefühl für das Objektiv entwickelt und meine, die Tücken erkannt zu haben. (Ich spreche jetzt nur von Eindücken aus bisheriger Erfahrung, nicht von umfassenden empirischen Tests und schon gar nicht von fundiertem optischem Fachwissen
):
Die Bildfeldwölbung krümmt ja die Schärfeebene so, dass Motivteile am Rand schärfer abgebildet werden, wenn sie der Kamera näher sind. Man fotografiert sozusagen eine Halbkugel oder abgeflachte Halbkugel von der Innenseite. Dabei reagieren die Ränder aber scheinbar extrem sensibel auf Fokusänderungen, was nochmals von der Fokusentfernung abhängig sein dürfte. Ich stelle mir bildlich vor, wie sich diese gekrümmte Ebene beim Drehen am Fokusring übermäßig verzerrt, während sie in der Mitte recht ausgeglichen reagiert. Gerade bei größeren Entfernungen fällt auf, dass die Ränder sehr unscharf sein können. Mein Problemmotiv war ca. 25 Meter entfernt, daher habe ich im Nachgang für meine Versuche ähnliche Testmotive gesucht. In diesem Bereich kann man den Fokus fast beliebig zwischen "1 m" und "Unendlich" (laut Fokusring) platzieren, ohne dass dies einen deutlich schädlichen Effekt auf die Schärfe in der Bildmitte hätte. Ganz anders sieht es hingegen an den Rändern aus. Hier zeigt sich eine Varianz, die von "völlig unbrauchbar" bis "tadellos scharf" reicht. Was man immer sagen kann, ist dass beide Optimalfälle (maximale Schärfe in der Mitte
und am Rand) nicht zu erreichen sind. Man muss sich also für eins entscheiden, wobei eben der Schärfeverlust in der Mitte deutlich milder ausfällt als an den Rändern, so dass die Mitte in jedem Fall noch in Ordnung sein dürfte. Das heißt also in der Praxis, dass man den Fokus so einstellen sollte, dass die Motivteile am Bildrand scharf werden. Das lässt sich im Sucher noch beurteilen und im LiveView natürlich auch. Man muss dann nur noch abschätzen, ob die Motivteile am Bildrand und in der Mitte, die man ja hauptsächlich scharf haben will, etwa in einer Ebene bzw. in ähnlicher Entfernung liegen. Hier muss ich selbst auch noch Erfahrung sammeln. Bei Landschaftsmotiven mit gleichmäßiger Tiefe könnte auch eine Standardfokuseinstellung hilfreich sein, auf die man das Objektiv blind einstellen kann. So habe ich es ja beim DA 12-24 gemacht.
Viele Nutzer des 15 Ltd. beschreiben ja, dass sie das Objektiv weit abblenden müssen, um eine akzeptable Randschärfe zu erhalten. Ich würde es jetzt einfach mal anders herum beschreiben: Setzt man den Fokus so, dass die Ränder maximale Schärfe erhalten, hilft starkes Abblenden, um die Bildmitte durch die höhere Schärfentiefe noch schärfer als "gut" abzubilden. Wenn man den Fokus gut trifft, die gewölbte Schärfeebene also gekonnt durch das Motiv zieht, kann man auch mit kleineren Blendenzahlen einen guten Kompromiss erreichen. Das Tückische ist, dass leichte Fokusunterschiede in der Mitte kaum auffallen, sich dann aber am Rand stark zeigen können. Letztendlich will ich damit sagen: Achtet mal beim Fokussieren mehr auf die Bildränder! Es könnte sich lohnen.
Im Anhang ein Motiv, das ich unterschiedlich fokussiert habe. Zunächst die Übrsicht (Gesamtmotiv), danach die 100% Ausschnitte. Man erkennt, dass die Randunschärfe schwerer wiegt als die in der Mitte.