nicht ganz. Die EOS 650 hatte eine "Schärfentiefenautomatik". Dabei visierte man zunächst den Nahpunkt an und tippte den Auslöser an, dann den Fernpunkt und tippte erneut den Auslöser an. Die Kamera wählte dann – sofern möglich – eine Blende, mit der dieser Bereich hinreichend scharf abgebildet wurde.
Ja. Und wenn man dabei einen Punkt auf faktisch unendlich setzt, bekommt man die Hyperfokaldistanz angewendet. Das ist sozusagen ein Teil dessen, was die Canons geliefert haben.
Mit Pixelzahlen hat der maximal zulässige Zerstreuungskreisdurchmesser – und mithin auch die hyperfokale Distanz, um die es hier ja eigentlich geht – nichts zu tun. Denn dessen Größe definiert sich ja nicht aus technischen Eigenschaften unserer Geräte, sondern aus physiologischen Eigenschaften unseres Wahrnehmungsapparats.
Es sind die Ansprüche, die sich ändern. 0,03 mm kriegt man auch mit 3 MP und 80er-Jahre-Suppenzoom hin. Wenn das der Anspruch ist, sind die heutigen 24 MP absurder Overkill. Wenn man heutige Auflösungen von Sensoren und Objektiven wirklich nutzen will, d. h. größere Ausgabeformate zur Detailbetrachtung haben will, sollte man auch die Anforderungen an Schärfentiefe und Bewegungsunschärfe nachziehen.
Darüber, wie sinnvoll die Fokussierung auf die hyperfokale Distanz ist, kann man beliebig lange streiten. Fakt ist, dass man durch Fokussierung auf diese Distanz ein Bild mit (bei normaler Betrachtung des Bildes) hinreichender Schärfe von der Hälfte dieser Distanz bis unendlich erzielt. Fakt ist aber auch, dass alles, was sehr weit weg ist, nur noch "so gerade eben" als scharf wahrgenommen wird, ebenso alles, was sich nah an der vorderen Grenze des hinreichend scharfen Bereichs befindet. Es mag Motive geben, bei denen man einen solchen "maximalen" Schärfenbereich haben möchte.
Du schreibst es eigentlich selbst: Dieses "gerade so eben scharf" kommt davon, dass man mit hochauflösendem Gerät weiterhin auf die steinalten 0,03 mm setzt. Wenn man das zugrundeliegende Postkartenformat tatsächlich anwendet, ist das Ende des Hyperfokalbereichs auch scharf. Und wenn man in die Formel mit einem heutigen Ansprüchen angemessenen Zerstreuungskreisdurchmesser geht und die resultierenden Daten für Blende und Entfernung anwendet, auch bei entsprechend anspruchsvolleren Ausgabegrößen und Betrachtungsabständen. Das Prinzip wird dadurch nicht falsch. Ja, ich weiß, es ist kaum möglich, die Aufnahmebedingungen so anzupassen, dass sie einen 45-MP-Sensor-nicht limitieren. Da muss man halt einen Kompromiss finden. Aber die 3-MP-80er-Jahre-Suppenzoom 0,03 mm sind nicht dieser Kompromiss.
Man sollte sich aber auch darüber im Klaren sein, dass es vielleicht bildwichtige Teile in der Bildkomposition gibt (das gilt häufig als ein Merkmal guter Bilder), die sich gerade nicht in der hyperfokalen Distanz befinden. Wenn man aber auf letztere fokussiert, werden die bildwichtigen Teile damit um so weniger scharf (wenn auch bei normaler Betrachtung des Bildes immer noch hinreichend scharf), je weiter sie vor oder hinter dieser Entfernung liegen.
Viele Fotografen sind daher der Auffassung, dass es in der Regel sinnvoller ist, auf die bildwichtigen Teile zu fokussieren und damit diese mit bestmöglicher Schärfe abzubilden. Denn die bildwichtigen Teile (also das, was der Betrachter als solche empfindet und was der Fotograf hoffentlich antizipiert und bei seiner Bildgestaltung entsprechend berücksichtigt hat) werden von Betrachtern häufig genauer betrachtet, eben weil sie interessant sind. Und dann betrachtet der Betrachter eben nicht mehr unbedingt das Bild als Ganze "normal", sondern geht näher heran und schaut sich das genauer an (wie man beispielsweise bei der Betrachtung eines Gemäldes ein Detail entdeckt und dann näher an das Bild herantritt, um sich das genauer anzusehen – wie den vor der Lok flüchtenden Hasen in Turners gut 90cm*120cm großen "Rain, Steam, and Speed – The Great Western Railway"). Und dann wird er die leichte Unschärfe, die er bei der normalen Betrachtung des ganzen Bildes nicht wahrgenommen hat, eben doch wahrnehmen. Daher sind viele Fotografen der Ansicht, die Fokussierung auf die bildwichtigen Teile sei vorzuziehen und die hyperfokale Entfernung ein nach Auffassung mancher ein überbewertetes, nach Auffassung anderer ein eher schädliches Konzept. Aber diesen Auffassungen muss man sich nicht anschließen.
Man kann schon festhalten, dass man gut daran tut, die Ausdehnung des Schärfentiefenbereichs mit ein Drittel nach vorn und zwei Drittel nach hinten zu verinnerlichen. Wenn ich ein Objekt fotografieren will, dass sich von mir weg erstreckt, tue ich ganz gut daran, nicht auf die nächstliegende Position, sondern auf etwa ein Drittel der Länge zu fokussieren - zumindest wenn die Prämisse ist, dass es innerhalb des Objekts keine Priorität gibt. Wenn ich z. B. zwei Objekte in unterschiedlicher Distanz habe, sollte ich ebenfalls auf eine Stelle in 1/3 Entfernung hinter dem ersten Objekt fokussieren - vorausgesetzt, da ist überhaupt was, worauf ich fokussieren kann. Und wenn ich feststellen muss, dass das so nicht machbar ist, weil ich unmöglich beides scharf kriege, muss ich halt die Konsequenzen draus ziehen und priorisieren. Ja, das berührt das Prinzip der Hyperfokaldistanz nur am Rand. Es ist aber das, was man wirklich daraus mitnehmen sollte.
Auf sachlich vorgetragene Einwände antworte ich auch. Der übernächste Beitrag nach dem hier zitierten gehört leider nicht dazu.