Heißes Thema. Rein physikalisch ist es eine Wahnidee, eine „Vollformat“-Systemkamera samt Objektivpark durch ein flaches 180-Gramm-Handy vollständig ersetzen zu können.
Wenn man aber schaut, was die Leute im Alltag so mit ihren Kameras machen, kann man mittelfristig viele (nicht alle) Anwendungsbereiche durch AI und andere Tricks ersetzen. Künstlich erzeugte Hintergrund-Unschärfe und inhaltssensitive Entrauschung-Verfahren sind da bestimmt erst der Anfang. Also für vielleicht die Hälfte der Leute, die heute noch eine Systemkamera bevorzugen, könnte dann in 10 Jahren das Handy ausreichend sein. Zusammen mit den 80 %, die heute schon lieber das Handy als eine separate Kamera verwenden, sind wir dann bei 90 % Handy-Nutzern.
Heute bin ich vielleicht als Tele-liebender Urlaubsknipser noch unzufrieden mit dem Digitalzoom des Handys. Aber wenn man in ein paar Jahren durch eine Kombination aus High-Megapixel-Sensor und intelligenter Entrauschung ein Gesamtbild errechnen kann, das auch mit 10-fachem Digitalzoom noch nicht pixelig oder künstlich wirkt, reicht es für meine rein privaten Zwecke vielleicht schon aus. Für typischen WhatsApp-Versand (1600 px Kantenlänge) reicht es häufig auch heute schon. Ja okay: Bis es für 120 x 80 cm Druckgröße ausreicht, wird es bestimmt noch ein wenig länger dauern.
Das heißt also nicht, dass die Ergebnisse aus den Handys in 10 oder 20 Jahren exakt dieselben sind wie heute aus den Systemkameras. Zudem werden die Systemkameras früher oder später von all den Weiterentwicklungen ebenso profitieren und die Grenzen weiter verschieben. Naturgesetze überlisten kann man nun mal nicht. Aber viele Normal-Anwender schauen gar nicht so genau hin und haben nicht die höchsten Ansprüche. Da gibt es eine Anforderung, die erreicht werden muss – und sobald das der Fall ist, sind weitere Qualitätssteigerungen nicht mehr so interessant – oder werden sogar akzeptiert, wenn dafür die praktische Handhabung leichter ist. Genau darauf zielt die Weiterentwicklung der Smartphones ab.
Was man auch nicht vergessen darf: Die Anforderungen sind von vornherein unterschiedlich verteilt. Ich vergleiche das z. B. mit Leuten , die nur noch zuckerfreies Cola drinken und sagen: "Schmeckt doch ganz genauso wie mit Zucker." Andere Leute, denen man versehentlich dasselbe Getränk einschenkt, bemerken es gleich beim ersten Schluck, machen ihr säuerliches Süßstoff-Gesicht und lassen den Rest des Glases angewidert stehen.